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Die Emelka in Köln

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1919 Gründung der Emelka

Die Emelka (M.L.K, Akronym für „Münchener Lichtspielkunst“) A.G., wurde im Jahr 1919 von Peter Ostermayr gegründet. Ihre Geschäftsfelder umfassten Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen, die Emelka verfügte sogar über ein eigenes Glasstudio für ihre Produktionen.

In Köln hat die Emelka bis zu ihrem Konkurs 1932 vier Theater betrieben. Während zwei dieser Lichtspielhäuser Bestandskinos waren, die durch Übernahme in den Besitz der Emelka gelangten, handelte es sich bei dem Emelka-Theater im Hansa-Hochhaus sowie dem Capitol um spektakuläre Neubauten.

1926 Eröffnung des Emelka Theaters im Hochhaus Köln

Ansichtskarte Hansahochhaus
Das Emelka Theater im Hochhaus Köln auf einer Absichtskarte, Verlag „Ikra Echte Fotografie“

Der Architekt Jacob Koerfer (1875-1930) hatte für Köln schon große Geschäfts- und Bürohäuser wie den Schwerthof in der Zeppelinstraße (das Universum Kino im Schwerthof entstand erst lange nach seinem Tod) oder den Industriehof (Krebsgasse) entworfen. In Düsseldorf realisierte er 1928 einen Geschäftskomplex (Europahof, mit integriertem Kino), der im 2. Weltkrieg zerstört wurde1. Der von ihm konzipierte Hochhausbau aus Eisenbeton mit einer Verblendung aus dunklem holländischem Klinker erregte insbesondere wegen des 45m hohen Turms mit Paternoster schon vor seiner Fertigstellung großes Aufsehen. Das Emelka-Theater befand sich nicht im Turm mit der nachts weithin sichtbaren Leuchtreklame, sondern im seitlichen Anbau und bot Platz für 1200 Personen. Koerfer war auch für die Gestaltung des Kinos verantwortlich, über dessen aufwendige Inneneinrichtung, handwerklich ausgeführt durch Schreinermeister Franz Paffendorf, die Presse ausführlich referierte. Das Prestige-Projekt, gefeiert als das höchste Hochhaus Europas, das schönste Kino Kölns, diente auch den beteiligten Einrichtungsfirmen als Referenz.2

Werbeannonce
Werbung der Tapetenfirma Lehmann in der Kölnischen Zeitung vom 31.10.1926
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Zeitungsannonce zur Eröffnung
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger vom 26.10.1926 zur Eröffnung
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Am 21.10.1926 berichtet die Kölnische Zeitung über die Eröffnung des Emelka-Theaters. Neben der, nach Ansicht des Berichtenden, mißlungenen Ganghofer-Verfilmung wurden im Vorprogramm der Emelka-Kulturfilm „Die Kreuzotter“, sowie „Tanzbilder" in einem Farbverfahren und eine humoristische Angelegenheit nach Art der amerikanischen Groteske gezeigt.

1929 Eröffnung des Capitol

Zeitungsannonce zur Eröffnung
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger v. 18.02.1929
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Das Capitol war der erste (und einzige) eigenständige Kino-Neubau der Emelka in Köln. Wir stellen hier ein gut erhaltenes Eröffnungsprogrammheft aus unserer Sammlung vor.

Cover des Eröffnungsprogrammheftes
Das goldfarbene Eröffnungsprogrammheft.
Rückseite
Rückseite des Programmheftes mit dem Emelka Logo (eine stilisierte Göttin Bavaria) und Fingerabdrücken eines männlichen Vorbesitzers am rechten Rand.
Titelblatt
Das Titelblatt des Programmheftes

Theater der 2000 vs. Kammerspielhaus

Einführung Emelka in Köln
Auszüge aus dem Programmheft

Der Einführungstext stellt das Großtheater mit 2000 Plätzen als zeitgemäßen Nachfolger des sich dort vorher befindlichen Residenz-Theaters (später umbenannt in Kammerspielhaus bzw. Deutsches Theater) vor. Dieser altmodisch als Musentempel bezeichnete historistische Vorgängerbau des Architekten Jean Klein mit seinen Türmen und dem mit den Goldbuchstaben RESIDENZ-THEATER umrahmten Gemälde im Giebelfeld, der bei seiner Eröffnung im Dezember 1901 auf einen Zeitungsreporter einen „ganz schmucken, intimen Eindruck machte“3, mußte weichen, um Platz zu schaffen für eine Kathedrale der Massenunterhaltung, geplant wiederum vom Bürohaus- und Kinoarchitekten Jacob Koerfer im Stil der Neuen Sachlichkeit.

Ironischerweise hatte Alfred Bernau, Intendant des Deutsches Theaters, wiederum die Intendanz des 1930 neugegründeten Neuen Deutsche Theaters inne, eines der Theaterensembles, mit dem sich das Emelka-Hochhaus-Theater kurz vor dem endgültigen Konkurs der Emelka-Theater-AG seine Kinobühne teilte4.

Einführung Emelka in Köln
Das zeitgemäße Begleitinstrument für Film und Bühne war Ende der 1920er Jahre neben dem Bühnenorchester die Kinoorgel, im Fall des Capitol eine Christie-Unit Orgel.

Die in London hergestellte Christie-Kinoorgel (benannt nach dem Firmeneigentümer John Christie, der 1923 die durch Verschmelzung zweier Traditions-Orgelbaubetriebe entstandene Firma William Hill & Son & Norman & Beard Ltd übernommen hatte)5, war angeblich die größte Orgel Deutschlands. Mittels Zuschalten verschiedener Orgelregister konnten für die Filmbegleitung die Klänge eines chinesischen Tempelblocks (Fischmaultrommel),von Schlittenglöckchen, Triangel, Castagnetten und Tambourin, sowie Vogelgezwitscher, Sirene, Klaxon (Warnhupe), Autohupe, Meereswellen und Schiffs- bzw. Zugpfeifen erzeugt werden. Professor Dr. George Tootell, ein Kinoorgelspezialist, der öfter auch in deutschen Kinos Gastspiele gegeben hatte, spielte bei den Premierenfeiern für das Capitol.

Die Projektionstechnik im Capitol

Nicht nur die dem Publikum zugänglichen Foyers und Vorführsäle der Ende der 1920er Jahre am Hohenzollernring eröffneten Großkinos Capitol und Lichtspiele des Westens (LDW) sollten architektonisch und technisch Maßstäbe setzen. Auch in den Vorführkabinen sollte eine gerade voll ausgereifte Projektionstechnik Einzug halten, die dem Malteserkreuz-Mechanismus Konkurrenz machen und ihn sogar ablösen sollte. Es handelte sich um das Prinzip des optischen Ausgleichs, perfektioniert in den Projektionsmaschinen des genialen Konstrukteurs Emil Mechau. Für die auf variable Bildfrequenzen als dramatisches Stilmittel ausgelegte Orchesterbegleitung war der Mechau-Projektor bestens geeignet. Diese Projektoren, sowie das tragische Ende ihres Erfinders wollen wir in einem eigenen Beitrag näher beleuchten.

Einführung in die Ziele des Emelka-Konzerns
Die Emelka und Köln

Die Emelka Filmverleih- und Produktionsgesellschaft

„Die Gesellschaft hat sich die schöne und hohe Aufgabe gestellt, die deutsche Filmkunst zu pflegen und sie zur deutschen Filmkultur auszubauen.“
Diese Pressemitteilung der Emelka zitierte der Kölner Local-Anzeiger 1926 zur Eröffnung des Emelka-Theaters im Hochhaus. Mit der im Programmheft zur Eröffnung des Capitol erwähnten Stammesverwandtschaft soll wohl die Beliebtheit von Bergfilmen mit Jägern, Förstern, Wilderern und Naturkindern auch im Rheinland erklärt werden, von der schon die Kölner Filmproduktionsgesellschaft Dekage sechzehn Jahre zuvor profitiert hatte.

Werbung für Marquis d Eon
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger vom 5.9.1928
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Daneben produzierte die Emelka, auch über Produktionsfirmen, die durch Übernahmen in ihren Konzern eingegliedert wurden, Historienfilme wie „Marquis d'Eon“, „Monna Vanna“ oder „Waterloo“ zum 10jährigen Firmenjubiläum. Was die Emelka auch bezüglich des Kölner Publikums in ihren Erstaufführungskinos unter gepflegter deutscher Unterhaltung verstand, verdeutlicht der folgende Querschnitt aus Zeitungswerbung für das Programm des Emelka-Theater im Hochhaus...

Zeitungsannonce zur Eröffnung
Zeitungsannonce in der Rheinischen Tageszeitung v. 11.12.1926
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Einen Bombenerfolg versprach auch im Jahr 1926 der Sensationsfilm gepaart mit Klamauk. Werbung für den Exploitation-Kracher „Mädchenhandel“ und einem Schenkelklopfer des international erfolgreichen dänischen Komiker-Duos „Fy og Bi“ (in Deutschland als „Pat und Patachon“ bekannt, Verleih durch die Bayrische Film A.G. im Emelka-Konzern).

Zeitungsannonce zur Eröffnung
Filmpostkarte der Engel-Emelka-Film Co. für den ungarischen Markt. Dort hieß das ungleiche Paar „Zoro és Huru“.
Zeitungsannonce zur Eröffnung
Zeitungsannonce in der Rheinischen Volkswart v. 21.03.1927
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Während 1927 die Verfilmung der Anti-Abtreibungs-Novelle „Drei Ringe“ von Paul Keller einem Regime vorgriff, daß die deutsche Mutter glorifizieren sollte...

Zeitungsannonce zur Eröffnung
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger v. 30.09.1931
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

...dürfte 1931 auch „Vermächtnis eines Missionars“ der erste große Werbefilm für die vom fliegenden Pater Paul Schulte in Köln gegründete MIVA (Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft) als Pflichtprogramm für die Kölner Katholiken nicht fehlen.

Die Emelka Theater AG

Spielfolge am Premierenabend
Vorstellung der Emelka Kinos

Im Jahr 1928 übernahm die Emelka die Phöbus Film AG und wurde damit Pächterin der zum damaligen Zeitpunkt von der Phöbus betriebenen Modernen Lichtspiele (gegründet 1912 durch Schilling und Hünnes) in der Einführung als Familien-Kino bezeichnet, sowie der Schauburg als City-Kino. Die Phöbus Film AG änderte ihren Namen im Jahr 1929 in Emelka Theater AG.

Zeitungsannonce
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger vom 22.12.1928
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Die 1922 von Jean Kautz eröffnete Schauburg wurde von der Emelka im Zuge der Phöbus-Übernahme vollständig renoviert. Die Kölnische Zeitung berichtet über die Neueröffnung der modernisierten Schauburg. Nach ihrer Darstellung läßt die in den Uniformen der Angestellten zur Schau gestellte Corporate Identity keine Zweifel aufkommen, aus welchem Bundesland die mächtigste Kinogruppe in Köln stammt: Die Portiers tragen Blau mit weißen Tressen, selbst die Platzanweiserinnen sind auf Blau-Weiß abgestimmt und führen auf einer Armbinde die Firma Emelka6.

Das Capitol - Groß-Theater für Film und Bühne

Was wir wollen
Das Geschäftsmodell des Capitol

Nicht umsonst firmierte das Capitol als Groß-Theater für Film und Bühne - Film bezeichnete in diesem Fall den stummen Film. Zur zeitgemäßen Begleitung dieser sogenannten "lebenden Bilder", die von Beginn an nie ohne akustische Begleitung auskamen (mehr dazu in unserer Tonfilm-Chronik) gehörte das lebende Orchester bzw. die Kinoorgel. Fester Bestandteil des Programms war daneben die Bühne, auf der eine moderne Form des Varietés, das die Geschichte des Kinos seit Anbeginn begleitet hatte, sowie Kleinkunst, populären Opern-Operettenarien/ als die neue demokratische Unterhaltung dargeboten wurde. Selbstverständlich dienten Orchester und Orgel auch als Begleitung dieser Darbietungen. Im März 1929 kurz nach den Eröffnungsfeiern trat die deutschstämmige Varietékünstlerin Pola Néry (nicht zu verwechseln mit dem Stummfilm-Star Pola Negri) im Capitol auf7. Néry, Star der Folies Bergère, Paris, von der Presse Lichtwunder oder gleich als Göttin des Lichtes gefeiert, posierte und sang vor der Kinoleinwand, auf die Großdias mit exotischen Interieurs, Show-Treppen, surreale Feen- und Fabelwesen mit BegleittänzerInnen projeziert wurden. Diese Dias hatten in der Mitte eine transparente Aussparung, durch die Nérys eigener Körper lebendiger Teil dieser Kunstwelten wurde8. Im Capitol nutzte man zur Projektion möglicherweise das Dia-Ansatzgerät der neuartigen Mechau-Projektoren in der Vorführkabine.

In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung und wirtschaftlicher Unsicherheit sollte das neue Groß-Kino Erholung und Entspannung vom ernüchternden Alltag bieten. Orchester- und Orgelbegleitung, mittels Fernsteuerung mit der Vorführgeschwindigkeit der Projektoren synchronisiert, sowie die in das Gesamtprogamm eingebettete Varietédarbietung galten dabei als eigenständige Kunstform. Die Filmbegleitung der Anfangsjahre (als nicht talentiert empfundene Solo-Begleitmusiker,als nicht synchron zur Handlung laufendes Grammophon/ Automatik-Klavier, als nicht zur Handlung passend empfundene Musikauswahl) glaubte man überwunden, der neu aufgekommene Licht- und Nadeltonfilm wurde als technisch noch unvollkommen angesehen, der Klang aus Verstärker und Lautsprecher als unharmonisch und lärmend empfunden. Auch in der Presse erinnerte man sich noch gerne an die guten Zeiten der Nicht-Lautsprechermusik9.

Annonce für das Capitol
Das Programm im Capitol am 15.11.1929 im Kölner Lokal-Anzeiger Nr.582
Quelle:www.zeitpunkt.nrw

Die Bühnenvorstellungen des Capitol schlossen auch die Vorführungen kurzer Operetten ein. Am Freitag den 1929 wurde als Kontrastprogramm zum Bergfilm „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ mit Leni Riefenstahl und dem Kunstflieger Ernst Udet „Zwei Savoyarden“ von Jaques Offenbach gezeigt. Aus einem Kommentar zu einem Leserbrief geht hervor, daß die Bühnenvorstellung von einem Trupp von Hitlerleuten, die an dem Namen des Franzosen Offenbach Anstoß nahmen, massiv gestört wurde.

Spielfolge am Premierenabend
Die Premieren-Spielfolge

In dem Eröffnungsprogramm fanden sich schreibmaschinen- und handgeschriebene sowie (teils vom Verlag Gebr. Wolffsohn G.m.b.H.(Lichtbildbühne) herausgegebene) Musikaufstellungen von Schmidt-Boelke, dem 1. Kapellmeister vom Capitol Berlin. Diese stellen wir auf einer eigenen Themenseite vor. Die Musikaufstellung zu dem Premieren-Film „Die Büchse der Pandora“ fehlt allerdings. Ob dieses Programm aus dem Nachlaß Schmidt-Boelckes oder dem eines Musikers stammte bleibt unklar.

Auf der nächsten Seite ein Abdruck des Porträts „Der Tenor Leonardo Aramesco“, aus der Serie "Antlitz der Zeit/Menschen des 20. Jahrhunderts", ca. 1928/29, des Kölner Fotografen August Sander. Die originale Fotografie wurde seitlich angeschnitten und von einem Kniestück auf ein Bruststück verkürzt. Darunter die Quellenangabe: Photo: Sander

Premieren in der Schauburg
Aramesco trat im September 1924 bei der Köln-Premiere des ersten amerikanischen Lubitsch-Films Rosita in der Schauburg auf. Annonce in der Rheinischen Volkswart v. 27.September 1924
Quelle:www.zeitpunkt.nrw

Neben Kölner Lokalgrößen wie den humoristischen Stehgreifdichtern Heinz Ehnle und Norbert Stein und dem Steinbach Ballet war der in Temesvár geborene Leonardo Aramesco (1898-1946) wohl der prominenteste Act der Eröffnungs Bühnenschau im Capitol. Nach Engagements bei den Staatsopern von Wien und Berlin, am Stadttheaterin Bielefeld und der Oper in Essen wurde er erster Tenor der WERAG (Westdeutschen Rundfunk AG, Vorgänger des WDR). Seine Anstellung im Rundfunk ließ ihn zum häufigen Gast bei Haushalten mit Radioempfängern werden und brachte ihm verbunden mit seiner, viele Kritiker an Enrico Caruso erinnernden Stimmtechnik („phänomenale Höhen“) den Spitznamen „Funkaruso“ ein.

Das angeschnittene Portrait
Der Tenor [Leonardo Aramesco], um 1928
© Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur - August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2020.
Ein Verweis auf das vollständige Portrait findet sich unter den Externen Links.

Mit der Angabe „Bachemdruck Köln“ am unteren Rand dieser Seite endet der Programmteil.

Es folgt: eine Kopie des „Illustrierten Film-Kuriers“, Nr.1079 11.Jahrgang 1929, „Die Büchse der Pandora (Lulu)“; mit Bilderstrecke aus der Verfilmung und Textbeilagen über Wedekind. Eingeleitet von Julius Kapp mit einer Wedekind Biografie, analysieren die Beiträge von Tilly (Newes) Wedekind, Schauspielerin und Witwe Wedekinds („Die Lulu von Frank Wedekind“) und Karl Ritter, Grafiker bei der Südfilm(ehemals Teil des Emelka-Konzerns)/UFA, in der NS-Zeit als Regisseur regimetreuer Filme notorisch, der später an einer eigenen Realisation des Stücks scheiterte, („Lulu und ihr großes Gefolge“) die Charaktere des Stücks. Daneben sind Erich Mühsam und Eugen R. Schlesinger mit retrospektiven Texten über Wedekinds Zeit in der Schwabinger Bohème vertreten. Mühsam (von Sander als Prototyp des Revolutionärs portraitiert) berichtet in „Der Kampf um Lulu“ über seinen Widerstand gegen einen Polizeipräsidenten, der sich, anläßlich der Uraufführung des Stücks im Mai 1913, als Zensor aufspielt. Eugen R. Schlesinger (vermutl. handelt es sich um den Leiter der Theaterverwaltung bei der UFA) erinnert in „Frank Wedekind, der Scharfrichter“ an dessen Zeit als Mitglied der politischen Kabarettgruppe.

Die Emelka und der Tonfilm

Zeitungsannonce
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger vom 22.11.1929
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Am 22. November 1929 fand in der Schauburg wohl die erste „echte“ Vorführung eines der neuartigen amerikanischen Nadeltonfilme in Köln statt10. Für den U-Boot Film Submarine wurde die Nadeltonapparatur (zwei Spezial-Plattenspieler auf Standfüßen in Projektornähe, sowie den Mechanismus zur Synchronisation von Plattenspieler- und Projektionsgeschwindigkeit) provisorisch an die Mechau-Projektoren in der Schauburg angeschlossen. Die zum Film gehörige Spezial-Schallplatte enthielt keine Dialoge, nur Musikeinlagen und Geräusche.

Zeitungsannonce für das Panoptikum
Die große Abschiedsvorstellung für die Kinokultur der Stummfilmära im Capitol. Annonce im Köner Lokal-Anzeiger v. 27.09.1930
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Den fortschreitenden Entwicklungen in der Tonfilm- Lautsprecher- und Verstärkertechnik, konnte sich auch das Prestigeprojekt der Emelka in Köln nicht entziehen. Die kommenden Filme würden überwiegend Tonfilme sein. Am 26.9.1930 wurde diese nun historisch gewordene Ära vom Capitol mit dem „Panoptikum für Film und Bühne“ verabschiedet. Man engagierte zu diesem Zweck Filmemacher Walter Jerven (1889-1945), der sich einen Namen als kenntnis- und anekdotenreicher Präsentator von durch ihn zusammengestellten Filmmaterials aus diversen, möglicherweise auch eigenen Archiven gemacht hatte11. Jerven starb während des 2.Weltkrieges, falls er wirklich eine eigene Sammlung hatte, ist sie wohl verschollen. Im Panoptikum wird noch einmal die ursprüngliche Vereinigung von musikbegleitetem Stummfilm und artistischer Bühnenschau heraufbeschworen, die das Capitol in modernisierter Form fortführen wollte. In einer Rezension im Kölner Lokal-Anzeiger vom 28.9.1930 heißt es dann: zum Schluß des Bühnenprogramms wird mit deklamatorischem Tamtam die Theaterkapelle verabschiedet. Sie wird durch den Tonfilm überflüssig. Die Mechau-Projektoren wurden alsdann flugs von der Berliner Kinoton AG mit Nadel- und Lichttontechnik ausgestattet12. Verstärker und Lautsprecher, noch vor einem Jahr als Erzeuger der ungeliebten, wegen ihres als blechern empfundenen Klanges als Konservenmusik geschmäht, hielten Einzug in Vorführkabine und Kinosaal.

Dreyfus Kinowerbung
Zeitungsannonce im Kölner Lokal-Anzeiger v. 2.10.1930
Quelle: www.zeitpunkt.nrw

Zur Tonfilm-Premiere wurde die Richard Oswalds Verfilmung der „Dreyfus-Affäre“, über die auch durch Antisemitismus motivierte Fehlverurteilung des französischen Hauptmanns Alfred Dreyfus mit Fritz Kortner in der Hauptrolle gezeigt.

1932 Konkurs der Emelka

Hansahochhaus in den 1930er Jahren
Das Hansa-Hochhaus nach 1933. Film-Still aus dem Konvolut „Archiv-Material für C.B.S“ von Industrie-Film Willy Krakau.

Die perspektivische Verzerrung der geschlossenen Häuserreihen (Hamburger Straße) verengt den Blick auf den Turm des Hansa-Hochhaus im Hintergrund.

Die Emelka AG hat sich an der Übernahme von Lichtspieltheatern wie der der Phöbus Film AG verhoben. Sie verfügte nicht mehr über das nötige Kapital, um die mit hohen Kosten verbundene Umrüstung auf Tonfilm bewältigen zu können und geht in der Nachfolgegesellschaft „Bavaria Filmkunst AG“ auf. Das ultramoderne Capitol geht an die ehemals unterlegene Konkurrentin Universum Film AG (UFA). Das Emelka-Theater im Hochhaus heißt jetzt Hansa-Theater, der Schriftzug auf dem Turm ist abmontiert, lediglich das Trägergerüst ist noch sichtbar.

Eine Bühne für das Spiel jugendlicher Akteure im Vordergrund bildet die Querstraße „Im Glockenring“.

Dem Blick des vorderen Kindes auf der linken Seite folgend, richtet sich die Aufmerksamkeit auf einen Strahl Sonnenlicht. Vorder- und Hintergrund mittig trennend, fällt dieser durch eine weitere durchgängige Querstraße (Gereonswall) ein, durchbricht das schattenhafte Treiben in den dämmrigen Häuserschluchten, erfaßt einen geschäftigen Fußgänger mit Kinderwagen, bevor er im 90° Winkel an den gegenüberliegenden Häuserwänden emporschießt. Wie beiläufig streift er dabei die Flagge, in deren Namen Leonardo Aramesco, der 1. Tenor des WDR, seine Stellung verlor und das Land verlassen mußte und Erich Mühsam, der Revolutionär, von den Nachfolgern der Ungeister, die er 1913 noch erfolgreich bekämpft hatte, zu Tode gefoltert wurde.

Quellen:
1https://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Koerfer
2Kölnische Zeitung v. 21.10.1926
3Kölnische Zeitung v.9.12.1901
4Kölner Lokal-Anzeiger v. 27.7.1932 Nr.205
5https://en.wikipedia.org/wiki/William_Hill_%26_Son_%26_Norman_%26_Beard_Ltd.
6Kölnische Zeitung 5.August 1928
7Kölnische Zeitung 5.3.1929
8https://curiouscongress.wordpress.com/2014/01/08/mervyn-heard/
9Kölnische Zeitung v.9.12.1929
10Kölnische Zeitung v.9.12.1929
11https://www.filmportal.de/person/walter-jerven_18104e6cb6c54c90bd23c90220159a90, https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Jerven
12Kölnische Zeitung v.9.10.1930

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