Die Emelka in Köln
Zurück1919 Gründung der Emelka
Die Emelka (M.L.K, Akronym für „Münchener Lichtspielkunst“) A.G., wurde im Jahr 1919 von Peter Ostermayr gegründet. Ihre Geschäftsfelder umfassten Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen, die Emelka verfügte sogar über ein eigenes Glasstudio für ihre Produktionen.
In Köln hat die Emelka bis zu ihrem Konkurs 1932 vier Theater betrieben. Während zwei dieser Lichtspielhäuser Bestandskinos waren, die durch Übernahme in den Besitz der Emelka gelangten, handelte es sich bei dem Emelka-Theater im Hansa-Hochhaus sowie dem Capitol um spektakuläre Neubauten.
1926 Eröffnung des Emelka Theaters im Hochhaus Köln
Der Architekt Jacob Koerfer (1875-1930) hatte für Köln schon große Geschäfts- und Bürohäuser wie den Schwerthof in der Zeppelinstraße (das Universum Kino im Schwerthof entstand erst lange nach seinem Tod) oder den Industriehof (Krebsgasse) entworfen. In Düsseldorf realisierte er 1928 einen Geschäftskomplex (Europahof, mit integriertem Kino), der im 2. Weltkrieg zerstört wurde1. Der von ihm konzipierte Hochhausbau aus Eisenbeton mit einer Verblendung aus dunklem holländischem Klinker erregte insbesondere wegen des 45m hohen Turms mit Paternoster schon vor seiner Fertigstellung großes Aufsehen. Das Emelka-Theater befand sich nicht im Turm mit der nachts weithin sichtbaren Leuchtreklame, sondern im seitlichen Anbau und bot Platz für 1200 Personen. Koerfer war auch für die Gestaltung des Kinos verantwortlich, über dessen aufwendige Inneneinrichtung, handwerklich ausgeführt durch Schreinermeister Franz Paffendorf, die Presse ausführlich referierte. Das Prestige-Projekt, gefeiert als das höchste Hochhaus Europas, das schönste Kino Kölns, diente auch den beteiligten Einrichtungsfirmen als Referenz.2
Am 21.10.1926 berichtet die Kölnische Zeitung über die Eröffnung des Emelka-Theaters. Neben der, nach Ansicht des Berichtenden, mißlungenen Ganghofer-Verfilmung wurden im Vorprogramm der Emelka-Kulturfilm „Die Kreuzotter“, sowie „Tanzbilder" in einem Farbverfahren und eine humoristische Angelegenheit nach Art der amerikanischen Groteske gezeigt.
1929 Eröffnung des Capitol
Das Capitol war der erste (und einzige) eigenständige Kino-Neubau der Emelka in Köln. Wir stellen hier ein gut erhaltenes Eröffnungsprogrammheft aus unserer Sammlung vor.
Theater der 2000 vs. Kammerspielhaus
Der Einführungstext stellt das Großtheater mit 2000 Plätzen als zeitgemäßen Nachfolger des sich dort vorher befindlichen Residenz-Theaters (später umbenannt in Kammerspielhaus bzw. Deutsches Theater) vor. Dieser altmodisch als Musentempel bezeichnete historistische Vorgängerbau des Architekten Jean Klein mit seinen Türmen und dem mit den Goldbuchstaben RESIDENZ-THEATER umrahmten Gemälde im Giebelfeld, der bei seiner Eröffnung im Dezember 1901 auf einen Zeitungsreporter einen „ganz schmucken, intimen Eindruck machte“3, mußte weichen, um Platz zu schaffen für eine Kathedrale der Massenunterhaltung, geplant wiederum vom Bürohaus- und Kinoarchitekten Jacob Koerfer im Stil der Neuen Sachlichkeit.
Ironischerweise hatte Alfred Bernau, Intendant des Deutsches Theaters, wiederum die Intendanz des 1930 neugegründeten Neuen Deutsche Theaters inne, eines der Theaterensembles, mit dem sich das Emelka-Hochhaus-Theater kurz vor dem endgültigen Konkurs der Emelka-Theater-AG seine Kinobühne teilte4.
Die in London hergestellte Christie-Kinoorgel (benannt nach dem Firmeneigentümer John Christie, der 1923 die durch Verschmelzung zweier Traditions-Orgelbaubetriebe entstandene Firma William Hill & Son & Norman & Beard Ltd übernommen hatte)5, war angeblich die größte Orgel Deutschlands. Mittels Zuschalten verschiedener Orgelregister konnten für die Filmbegleitung die Klänge eines chinesischen Tempelblocks (Fischmaultrommel),von Schlittenglöckchen, Triangel, Castagnetten und Tambourin, sowie Vogelgezwitscher, Sirene, Klaxon (Warnhupe), Autohupe, Meereswellen und Schiffs- bzw. Zugpfeifen erzeugt werden. Professor Dr. George Tootell, ein Kinoorgelspezialist, der öfter auch in deutschen Kinos Gastspiele gegeben hatte, spielte bei den Premierenfeiern für das Capitol.
Die Projektionstechnik im Capitol
Nicht nur die dem Publikum zugänglichen Foyers und Vorführsäle der Ende der 1920er Jahre am Hohenzollernring eröffneten Großkinos Capitol und Lichtspiele des Westens (LDW) sollten architektonisch und technisch Maßstäbe setzen. Auch in den Vorführkabinen sollte eine gerade voll ausgereifte Projektionstechnik Einzug halten, die dem Malteserkreuz-Mechanismus Konkurrenz machen und ihn sogar ablösen sollte. Es handelte sich um das Prinzip des optischen Ausgleichs, perfektioniert in den Projektionsmaschinen des genialen Konstrukteurs Emil Mechau. Für die auf variable Bildfrequenzen als dramatisches Stilmittel ausgelegte Orchesterbegleitung war der Mechau-Projektor bestens geeignet. Diese Projektoren, sowie das tragische Ende ihres Erfinders wollen wir in einem eigenen Beitrag näher beleuchten.
Die Emelka Filmverleih- und Produktionsgesellschaft
„Die Gesellschaft hat sich die schöne und hohe Aufgabe gestellt, die deutsche Filmkunst zu pflegen und sie zur deutschen Filmkultur auszubauen.“Diese Pressemitteilung der Emelka zitierte der Kölner Local-Anzeiger 1926 zur Eröffnung des Emelka-Theaters im Hochhaus. Mit der im Programmheft zur Eröffnung des Capitol erwähnten Stammesverwandtschaft soll wohl die Beliebtheit von Bergfilmen mit Jägern, Förstern, Wilderern und Naturkindern auch im Rheinland erklärt werden, von der schon die Kölner Filmproduktionsgesellschaft Dekage sechzehn Jahre zuvor profitiert hatte.
Daneben produzierte die Emelka, auch über Produktionsfirmen, die durch Übernahmen in ihren Konzern eingegliedert wurden, Historienfilme wie „Marquis d'Eon“, „Monna Vanna“ oder „Waterloo“ zum 10jährigen Firmenjubiläum. Was die Emelka auch bezüglich des Kölner Publikums in ihren Erstaufführungskinos unter gepflegter deutscher Unterhaltung verstand, verdeutlicht der folgende Querschnitt aus Zeitungswerbung für das Programm des Emelka-Theater im Hochhaus...
Einen Bombenerfolg versprach auch im Jahr 1926 der Sensationsfilm gepaart mit Klamauk. Werbung für den Exploitation-Kracher „Mädchenhandel“ und einem Schenkelklopfer des international erfolgreichen dänischen Komiker-Duos „Fy og Bi“ (in Deutschland als „Pat und Patachon“ bekannt, Verleih durch die Bayrische Film A.G. im Emelka-Konzern).
Während 1927 die Verfilmung der Anti-Abtreibungs-Novelle „Drei Ringe“ von Paul Keller einem Regime vorgriff, daß die deutsche Mutter glorifizieren sollte...
...dürfte 1931 auch „Vermächtnis eines Missionars“ der erste große Werbefilm für die vom fliegenden Pater Paul Schulte in Köln gegründete MIVA (Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft) als Pflichtprogramm für die Kölner Katholiken nicht fehlen.
Die Emelka Theater AG
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Den fortschreitenden Entwicklungen in der Tonfilm- Lautsprecher- und Verstärkertechnik, konnte sich auch das Prestigeprojekt der Emelka in Köln nicht entziehen. Die kommenden Filme würden überwiegend Tonfilme sein. Am 26.9.1930 wurde diese nun historisch gewordene Ära vom Capitol mit dem „Panoptikum für Film und Bühne“ verabschiedet. Man engagierte zu diesem Zweck Filmemacher Walter Jerven (1889-1945), der sich einen Namen als kenntnis- und anekdotenreicher Präsentator von durch ihn zusammengestellten Filmmaterials aus diversen, möglicherweise auch eigenen Archiven gemacht hatte11. Jerven starb während des 2.Weltkrieges, falls er wirklich eine eigene Sammlung hatte, ist sie wohl verschollen. Im Panoptikum wird noch einmal die ursprüngliche Vereinigung von musikbegleitetem Stummfilm und artistischer Bühnenschau heraufbeschworen, die das Capitol in modernisierter Form fortführen wollte. In einer Rezension im Kölner Lokal-Anzeiger vom 28.9.1930 heißt es dann: zum Schluß des Bühnenprogramms wird mit deklamatorischem Tamtam die Theaterkapelle verabschiedet. Sie wird durch den Tonfilm überflüssig. Die Mechau-Projektoren wurden alsdann flugs von der Berliner Kinoton AG mit Nadel- und Lichttontechnik ausgestattet12. Verstärker und Lautsprecher, noch vor einem Jahr als Erzeuger der ungeliebten, wegen ihres als blechern empfundenen Klanges als Konservenmusik geschmäht, hielten Einzug in Vorführkabine und Kinosaal.
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Zur Tonfilm-Premiere wurde die Richard Oswalds Verfilmung der „Dreyfus-Affäre“, über die auch durch Antisemitismus motivierte Fehlverurteilung des französischen Hauptmanns Alfred Dreyfus mit Fritz Kortner in der Hauptrolle gezeigt.
1932 Konkurs der Emelka
Die perspektivische Verzerrung der geschlossenen Häuserreihen (Hamburger Straße) verengt den Blick auf den Turm des Hansa-Hochhaus im Hintergrund.
Die Emelka AG hat sich an der Übernahme von Lichtspieltheatern wie der der Phöbus Film AG verhoben. Sie verfügte nicht mehr über das nötige Kapital, um die mit hohen Kosten verbundene Umrüstung auf Tonfilm bewältigen zu können und geht in der Nachfolgegesellschaft „Bavaria Filmkunst AG“ auf. Das ultramoderne Capitol geht an die ehemals unterlegene Konkurrentin Universum Film AG (UFA). Das Emelka-Theater im Hochhaus heißt jetzt Hansa-Theater, der Schriftzug auf dem Turm ist abmontiert, lediglich das Trägergerüst ist noch sichtbar.
Eine Bühne für das Spiel jugendlicher Akteure im Vordergrund bildet die Querstraße „Im Glockenring“.
Dem Blick des vorderen Kindes auf der linken Seite folgend, richtet sich die Aufmerksamkeit auf einen Strahl Sonnenlicht. Vorder- und Hintergrund mittig trennend, fällt dieser durch eine weitere durchgängige Querstraße (Gereonswall) ein, durchbricht das schattenhafte Treiben in den dämmrigen Häuserschluchten, erfaßt einen geschäftigen Fußgänger mit Kinderwagen, bevor er im 90° Winkel an den gegenüberliegenden Häuserwänden emporschießt. Wie beiläufig streift er dabei die Flagge, in deren Namen Leonardo Aramesco, der 1. Tenor des WDR, seine Stellung verlor und das Land verlassen mußte und Erich Mühsam, der Revolutionär, von den Nachfolgern der Ungeister, die er 1913 noch erfolgreich bekämpft hatte, zu Tode gefoltert wurde.
Quellen:
1https://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Koerfer
2Kölnische Zeitung v. 21.10.1926
3Kölnische Zeitung v.9.12.1901
4Kölner Lokal-Anzeiger v. 27.7.1932 Nr.205
5https://en.wikipedia.org/wiki/William_Hill_%26_Son_%26_Norman_%26_Beard_Ltd.
6Kölnische Zeitung 5.August 1928
7Kölnische Zeitung 5.3.1929
8https://curiouscongress.wordpress.com/2014/01/08/mervyn-heard/
9Kölnische Zeitung v.9.12.1929
10Kölnische Zeitung v.9.12.1929
11https://www.filmportal.de/person/walter-jerven_18104e6cb6c54c90bd23c90220159a90,
https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Jerven
12Kölnische Zeitung v.9.10.1930