Der Mechau Projektor
ZurückAlle der schon damals im Kinobetrieb und Amateurbereich eingesetzten Filmprojektoren basieren auf einem ruckartigen Filmtransport. Neben Greifer- und Schlägersystemen ist im professionellen 16mm- und im 35mm-Bereich der Malteserkreuzmechanismus führend. Die Verschmelzung der einzelnen Bilder eines Filmstreifens zu einer fortlaufenden Bewegung wird durch das Zusammenspiel von Maltesterkreuzmechanismus und rotierenden Blende erzeugt. Daneben wurde auch an Projektionssystemen geforscht, die die Übergänge zwischen den Einzelbildern optisch, also durch rotierende Spiegelkranz- bzw. Spiegeltrommelsysteme ausgleichen sollte. Der bekannteste und technisch ausgereifteste dieser Projektoren war das Reflexkino des Wetzlarer Erfinders Emil Mechau (1882-1945) aus dem sich der Mechau-Projektor entwickeln sollte.
Ausführliche Beschreibung des Prinzips des optischen Ausgleichs folgt.
Der kurze Siegeszug des Mechau-Kinoprojektors ist untrennbar verbunden mit den avantgardistischen Großkinos Ende der 1920er Jahre. Der stumme Film als Massenmedium der Zeit, in seiner Wirkung verstärkt durch avancierte Musikbegleitung, sollte dem reizüberfluteten Stadtmenschen Erholung und Entspannung bieten. So wie das Ohr des Kinobesuchers nicht durch unzulängliche Klavier- und Klanguntermalung strapaziert werden sollte, sollte auch sein Auge durch eine revolutionäre Projektionstechnik geschont werden. Zu den Vorteilen des Mechau gehörte nämlich die völlige Flimmerfreiheit selbst bei geringer Bildwechselzahl durch Wegfall der rotierenden Blende, der ständige Hell-Dunkel-Wechsel wird vermieden, die Leinwand ist ununterbrochen beleuchtet. Durch das Ausbleiben des für Malteserkreuzmaschinen typischen ruckweisen Filmzugs lief der Mechau-Projektor zudem leiser, die Abnutzung der Maschinenteile (Zahnrollen) war geringer. Dies bedeutete gleichzeitig eine Schonung des Filmmaterials, Filmbrände (der ruckartige Transport begünstigte Filmrisse am Bildfenster, die öfters zu einer Überhitzung des Nitratfilms führten) konnten verhindert werden. Prinzipiell fehlten dem Mechau also die typischen Merkmale, die ein Nostalgiker mit der klassischen, analogen Projektion verbindet, das Flimmern und das Rattern. Ein gravierender Nachteil des Mechau war allerdings der große Lichtverlust durch die zahlreichen Linsen, Prismen und Spiegel im Strahlengang. Damals gab es haupsächlich nur Licht aus Reinkohlen-Bogenlampen.
Mechau Projektoren in Kölner Kinos
Neben dem Capitol und den Lichtspielen des Westens hat die 1922 eröffnete, Ende der 1920er Jahre von der Emelka-Theater AG betriebene Schauburg möglicherweise als erstes Kölner Kino Mechau-Projektoren in ihrem Vorführraum gehabt. Ob diese tatsächlich zur Eröffnungsausstattung gehörten ist unklar. Im 1924 zum Lichtspielhaus umgewandelten Boccacchio gehören 2 Mechau-Projektoren zur Erstausstattung. In einem Reportagebericht unbekannter Quelle aus dem Jahr 1925 erkennt man auf sehr schlecht reproduzierten Fotos der Vorführkabine zwei Mechau-Projektoren mit Fußgestellen, was auf Mechau Modell 3 oder früher hindeutet. Das Modell 4 hat einen Gußfuß. Der Reporter des Kölner Lokal-Anzeiger für Stadt und Land schrieb noch im Jahr 1933 in seinem Bericht über die Film- und Funktagung der Rheinischen Landesbildstelle: „Da wird denn mancher Laie zum ersten Mal eine Mechau-Maschine zu sehen bekommen, deren in der Welt größte in dem Kölner Lichtspieltheater Schauburg steht“.
Der Mechau als Tonfilmprojektor
Quelle: Klangfilm Broschüre aus unserer Sammlung
Quelle: Klangfilm Broschüre aus unserer Sammlung
Nicht die Einführung des Nadel- bzw. Lichttons beendete die Karriere des Mechau Projektors. Emil Mechau soll sogar angeführt haben, daß er das Schwungmassen-Monopol der Klangfilm A.G. wegen des perfekten Gleichlaufs des Mechau umgehen konnte 1. Das auf verschiedenen Patenten beruhende Klangfilmmonopol stellte viele Kinobesitzer vor die Frage, ob sie sich die Umstellung auf Tonfilm zu Klangfilm-Preisen leisten konnten. Sowohl der Monopolist Klangfilm als auch der günstigere Konkurrent Kinoton boten Zusatzgeräte für Nadel- und Lichtton für den Mechau an. Der Vorteil der konventionellen Projektoren bestand darin, daß man für diese, wegen ihrer relativ ähnlichen Bauform ein universelles Tongerät anbieten konnte (z.B. das Klangfilm-Uniton-Ansatzgerät für Lichtton.)
Der Traum eines Projektionsapparats der durch seinen schonenden Transportmechanismus sogar eine gefahrlosere Projektion von Nitrofilm möglich machte, konnte sich in der Praxis des Vorführbetriebs nicht durchsetzen. Die geringe Lichtausbeute der damaligen Nicht-Hochintensitäts-Kohlenbogenlampen machte den Mechau wohl unwirtschaftlich. Die Kino-OperateurInnen waren vermutlich meist an Malteserkreuzprojektoren mit ihrem vertikalen Einlegeschema ausgebildet worden, der Mechau Projektor forderte z.b. auch mit seinen horizontalen Feuerschutztrommeln völliges Umdenken. Daneben wird auch manchmal die Vermutung geäußert, daß die Schärfe der Projektion durch die verschiedenen optischen Umlenkungen in gravierender Weise gemindert wurde bzw. die Spiegelsysteme öfter nachjustiert werden mußten.
Nach dem Bankrott der Emelka-Theater AG wurde die Schauburg bereits 1940 von ihrem damaligen Pächter Fink wieder auf
konventionelle Malteserkreuzmaschinen der Firma Ernemann (mittlerweile von Zeiss Ikon übernommen) umgerüstet.
Die letzten Projektoren im Capitol vor der Schließung 1995 waren Malteserkreuzmaschinen (Zeiss Ikon Ernemann X) Möglicherweise waren das sogar die originalen Projektoren der Wiedereröffnung des neuaufgebauten Capitols von 1954 mit Stereo-Magnetton-Anlage. Man erkennt noch die Magnettongeräte an den beiden Ernemann X zwischen oberem Spulenarm und Projektorkopf.
Das Mechau-Prinzip in der Archiv- und Fernsehtechnik
Mechau stirbt 1945 an Kopfverletzungen, die er sich durch eine explodierende Handgranate zuzieht2. Seine revolutionären Ideen sind in Filmbetrachtungs- und Schneidetischen verwirklicht worden, sowie in der Abtastung von analogem Filmmaterial in der Fernsehtechnik. Informationen und weitere Bilder folgen in Kürze.
Quellen:
1Helmut Krueger, Die Emil Mechau Story, Selbstverlag 2007, S.65
2ebd. S.141