Neuland Kinematographie GmbH
Die Kölner Reformkino-Pioniere
ZurückGründung als Filmverleih und kinematografische Ausbildungsstätte
Die Neuland Kinematographie GmbH Köln wurde am 29.April 1921 ins Handelregister A unter der Nr. 3608 eingetragen. Firmensitz war die Viktoriastraße 18 in Köln-Porz. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Artikeln des kinematographischen und verwandter Geschäftszweige, Beteiligung an ähnlichen Unternehmungen, Gründung von Zweigstellen und Übernahme von Vertretungen. Das Stammkapital betrug 200.000 Mark. Die Gründer, u.a. der Dechant und spätere Nazi-Gegner Johannes Hinsenkamp (1870-1949)1, der Justizrat Josef Abs (1862-1943, Vater des Bankiers Heinrich Josef Abs)2, Wachswaren und Seifenfabrikant Wilhelm Vollmar, Bergwerksbesitzer Fritz Birkenfeld und der in (Bad) Godesberg wohnhafte Kaufmann Maria Franz Ludwig Hugo von Danwitz, waren überwiegend in Bonn und Umgebung tätig. Erster Geschäftsführer war der in Köln und Mönchengladbach tätige Karl Mumbauer3. Mumbauer war kein Unbekannter im Lichtspielwesen, er war Geschäftsführer des Apollo Theaters in Sterkrade. Mumbauer, der 1925 wegen eines Konkursvergehens bei einer anderen Firma verurteilt wurde, wurde schon wenige Monate nach Gründung der Neuland durch von Danwitz ersetzt. Das Logo der Neuland Kinematographie war ein großes, in der Viktoriastraße weithin sichtbares „N“. Der Begriff „Neuland“ war zu dieser Zeit im katholischen wie evangelischen Umfeld beliebt, so gab es in Österreich den katholischen studentischen „Bund Neuland“ sowie die rechtskonservative evangelische Frauenorganisation „Neulandbund“ (auch „Neulandbewegung“) in Deutschland.
Wurzeln der Neuland Kinematographie
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Die Neuland Kinematographie GmbH Köln war den großen (katholischen) Reformkino-Initiativen und deren Idee des Films als „Träger kulturfördernder Ideen, Pfleger religiöser ethischer, nationaler und künstlerischer Werte“ verpflichtet4. Sie war eng mit der Provinzial-Lichtbilderei Rheinland in Bergisch-Gladbach und deren film- und technikbegeisterten Leiter Pfarrer Brauers verbunden, der auch in den Geschäftsräumen der Neuland seine Einführungskurse in die Vorführtechnik abhielt. Von der Lichtbilderei GmbH in Mönchengladbach übernahm die Neuland als finanzkräftiger Partner die Sparte Verkauf kinematographischer Apparate.
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Hugo von Danwitz sorgte für den Ausbau der Vereinskinos und deren regelmäßige Belieferungen mit christlichen Kulturfilmen. Er organisierte auch die Zusammenarbeit der Neuland GmbH mit anderen christlichen Reformfilm wie der Spera-Film-GmbH in Berlin und der Leo-Film-AG in München. Im Oktober 1922 übergab von Danwitz das Amt des Geschäftsführers an Hans Hengeler5 und wechselte zur Provinzial-Lichtbilderei. Von Danwitz gab auch auch Einblick in die politische Agenda der von überwiegend von katholisch-Konservativen auch industrienahen Netzwerken gegründeten Reformfilminitiativen. Besonders eine durch die Folgen des verlorenen 1.Weltkriegs desillusionierte Jugend sollte für den wirtschaftlichen, patriotischen und moralischen Wiederaufbau der kommenden Jahre vorbereitet werden: „Für den Ehrgeiz des Einzelnen oder die Leidenschaft einer verführten Masse ist kein Raum in dem neuen Deutschland, das arbeiten will, um leben zu können“6. Das Jahr 1923 markierte eine erste Zusammenarbeit der Neuland Kinematographie mit der Stella-Maris-Lichtspielgesellschaft mbH in Düsseldorf.
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Schwarze Films made in Cologne - Die Neuland Kinematographie als Filmproduzentin
1924 beginnt die Neuland mit der Produktion eigener Filme. Sie verfügte über ein eigenes Aufnahmeatelier in der Subbelrather Straße in Köln Ehrenfeld. Stammregisseur der Neuland war D. Hugo Rütters. Schwerpunkt der Filmproduktion war die Vorstellungen christlicher Jugendorganisationen, sowie auch karitativer Einrichtungen, die nicht zuletzt die Aufgabe übernahmen, weltriegsgeschädigte (Kriegsblinde, Kriegsversehrte) in die Arbeitswelt zu(rückzu)führen. Anfang des Jahres 1927 übernahm Dr.jur. Ernst Walbaum aus Köln-Lindenthal die Geschäftsführung7. Walbaum (1886-1957), Sohn des Kölner Kaufmanns Josef Walbaum, hatte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn Jura studiert, im 1.Weltkrieg wurde er verletzt und erhielt 1917 das Eiserne Kreuz. In den 1920er Jahren war er als Bankprokurist für das Bankhaus Baumgarten & Mergentheim in Köln tätig. 1924 war Walbaum mit der Berufsangabe Bankdirektor zusammen mit u.a. dem Kaufmann Benjamin (Benno) Claeßen Mitgründer der, von dem Berliner Sascha Goron gegründeten Filmproduktionsgesellschaft Goron-Film-A.G., Mitte 1925 war Walbaum Prokurist bei der Filmpalast Westfalia GmbH, die in Köln den (aus Castans's Panoptikum entstandenen) Filmpalast Hohe Straße 11-13 betrieb. Trotz der Intermezzi im kommerziellen Kinobereich war der zum katholischen Glauben konvertierte Walbaum offensichtlich ein Anhänger der Reformfilmidee. In dem 1929 von der Leofilm A.G. und dem Jugendhaus Düsseldorf gegründeten Filmverleih Bild- und Film-Zentrale GmbH (Bifiz), Köln fungierte er später noch als Geschäftsführer. 1931 ist Walbaum nicht mehr im Filmgeschäft, er engagiert sich nun für das gerade in Deutschland populär gewordene Bausparen. Er wurde Geschäftsführer bei der von der Wirtschaftsstelle der Handwerkskammer gegründeten Der Deutsche Bausparer AG. 1934 gerät die Bausparkasse nach Vorwürfen unter Druck und verlegt in Folge ihren Sitz nach Berlin. Walbaum war schon 1933 in Berlin. Dort richtete er noch ein Spendenkonto für den verarmten Kinopionier Max Skladanowsky ein. Nach den 1935 inkraftgetretenen Nürnberger Gesetzen war Walbaum als ‚Volljude‘ der Verfolgung durch das NS-Regime ausgesetzt.8
Das Ende der Neuland Kinematographie
Bereits Ende 1927 fusionierten die Neuland Kinematographie und die Stella-Maris-Lichtspielgesellschaft dergestalt, daß der Verleih an nichtgewerbliche Entleiher durch die Stella Maris, Abteilung Filmverleih, in den Räumen der Neuland erfolgte, zu der Zeit Passage 22B in Köln. Nach 1928 ist kein weiterer von der Neuland produzierte Film überliefert. Vermutlich lohnte sich die eigenständige Filmproduktion für die kleine Kölner Firma, auch angesichts des aufkommenden Tonfilms, der auch in den Dienst des sauberen „christlich-vaterländischen“ Kinos gestellt werden sollte, nicht mehr. Auch ist bis jetzt unklar, ob zwei von Rütters inszenierte Spielfilmproduktionen, eine Mozart-Biografie, sowie ein Film über den Werdegang des Weihnachtslieds „Stille Nacht“, deren Fertigstellung unter Walbaums Ägide angekündigt war, tatsächlich abgeschlossen werden konnten. Die Herstellung der Reformfilme wurden nun wieder hauptsächlich von der Münchener Leofilm AG übernommen, zu der auch Rütters wechselte. Er war bei der Leofilm an der Realisisation weiterer Filme wie „St. Elisabeth in unseren Tagen“ (zur 700-Jahr-Feier Elisabeth von Thüringens) beteiligt. Die anderen Aufgaben der Neuland Kinematographie, der Verleih, die Betreuung der katholischen Pfarr- und Vereinskinos, sowie den Ausbau der in diesem Bereich immer wichtiger werdende Schmalfilmsparte übernahm die in der Apostelnstraße 15-17 residierende Bifiz. Schon Anfang der 1930er verzog die Bifiz, wie viele andere Firmen aus dem Filmbereich nach Düsseldorf.
Filmografie
Hier soll eine möglichst umfassende Auflistung der Kulturfilme erfolgen, die die Neuland Kinematographie GmbH produziert hat. Über Hinweise, Ergänzungen und Verbesserungen würden wir uns freuen. Die Filmografie wird ständig ergänzt und erweitert.
„Wer wirft den ersten Stein“ 1925
Sozialdrama, Doku-Fiction
Technischer Stab:
- Regie: Alfons Godard, Schauspielhaus Köln
- Auftraggeber: Rheinischer Provinzialausschuß
Darsteller*:
- ?? = Minna von Seemen
- ?? = Friedl Münzer
- ?? = Hedi (Hetty) Pape
- ?? = Londen
- ?? = Wolf Beneckendorff
- ?? = Fred Alexander
*Ensemble des Kölner Schauspielhauses
Inhalt:
Das Drama ist chronologisch eingeteilt in die Abschnitte Jugendnot, Großstadtverführung, Jugendverwahrlosung und
Jugendrettung.
Auszug aus einer zeitgenössischen Vorbesprechung: [...]Der Film wird unter anderem schöne Bilder der Domarchitektur und von Alt-Köln zeigen. Er behandelt in seinen Hauptteilen die Ursachen der Jugendverwahrlosung, gesehen in sozialem Licht, sowie Theorie und Praxis der Fürsorgeerziehung. „Interessante Szenen im Schützengraben, Zigeunerkarren*, beim Einbruch, auf dem Rummelplatz und im Ball-Lokal sowie in der Fürsorgeerziehungsanstalt werden eine große Anziehungskraft auf das Publikum ausüben.“9
*Das Z-Wort wurde unverändert übernommen, da es sich um ein Zitat aus einer zeitgenössischen Beschreibung handelt.
„Das kommende Geschlecht“, 1925
Lehrfilm
Inhalt:
Der Lehrfilm zeigt Übertragungsursachen, Diagnose, Behandlung und Bekämpfung der Tuberkulose in eindringlichen
sowohl für Arzt und Laien verständlichen Bildern. Der Fokus liegt dabei auf der Heilung tuberkulosekranker Kinder und stellt Erholungsstätten
für diese vor.
Technischer Stab:
- Idee, Manuskript = D. H. Rütters
„Christo regi“ (Um Christi Reich) 1925/26
Kulturfilm, Doku-Fiction
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
Darsteller*:
- Arnold Janssen, Gründer Steyler Missionshaus = Paul Senden
- ?? = Hugo Diehl
- ?? = Hedi (Hetty)) Pape
- ?? = Walter Lichtschlag
- ?? = Ellen Morian
- ?? = Fred Alexander
*Ensemble des Kölner Schauspielhauses
Zeitgenössische Kritik (Auszug):
Der Film dokumentiert die Missionarsausbildung der Steyler Missionare in Originalaufnahmen. In einer dramatischen Rahmenhandlung
wird die Geschichte des Ordens von Schauspielern nachgestellt.
„[...]Der Film dient dem Missionsgedanken. Das große Missionshaus in Steyl hat wochenlang seine stillen Klostermauern dem Filmoperateur
geöffnet, um die Ausführung des großangelegten Werkes zu ermöglichen. Das weite Gebiet der Vorbereitung der Missionäre zu ihrem hohen
Berufe, der Studiengang, die körperliche Ertüchtigung, die Werkstätten der Brüder, die große Druckerei, die Bibliothek und die
ethnologischen und naturwissenschaftlichen Sammlungen wurden zum Gegenstand der Filmaufnahmen gemacht. Dieser für den Film scheinbar
nüchterne Stoff ist durch eine meisterhafte Komposition und Regie (D. H. Rütters) zu einer lebendigen, dramatischen Einheit neu geschaffen.
Während durch vorbereitende biblische Bilder die große leitende Idee immer wieder von neuem aufleuchtet, wird durch kurze Szenen
der Heidenmission der Ausblik auf das Endziel der Missionstätigkeit offengehalten. Die Missionsschüler, Novizen, Klosterbrüder, Patres
geben sich in allen Situationen in der größtmöglichen Unbefangenheit und überzeugenden Natürlichkeit.[...]“10
Bemerkung:
Uraufführung in der Messehalle in Köln-Deutz am Abend des 17.März 1926 vor ca. 3000 Personen
„Ein Kinderparadies am Rhein“ 1926
Kulturfilm, Dokumentation
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
Inhalt:
Der Film stellt das von Franziskanern geleitete Knabenerholungsheim St. Antonius-Haus in Linz am Rhein vor.
Zunächst zeigt er die Landschaft, dann die Stadt Linz, das Antoniushaus, seine luft- und lichtdurchfluteten Innenräume,
die einfache, doch zweckmäßige Ausstattung, die autonome, klösterlich anmutende Landwirtschaft mittels der die Ernährung der psychisch und
physisch kranken Kindern erzeugt wird.
Zeitgenössische Kritik:
„Technisch ist der Film hervorragend gemacht. Eine Spielfilmhandlung wurde absichtlich nicht gewählt,
um nicht den belehrenden Wert zurücktreten zu lassen. Trotzdem wirkt nichts langweilig, weil nichts gedehnt ist. Es steckt Tempo hinter der Aufnahme
und dem Schnitt. Die Lichtbilder sind, wenn sie auch die Klarheit der Franzosen nicht erreichen können, im Licht glänzend und gut gesehen.
Zumal die Abendstimmungen sind hervorragend gelungen. Auch die Titelbehandlung mit dem humoristische Einschlag ist sehr gut.11“
Bemerkung:
Uraufführung als Pressevorführung in der Bürgergesellschaft in Köln am 10.Dezember 1926. Zur bewegten Geschichte
dieses „Kinderparadieses“ und dem Schicksal der zur Zeit des Filmdrehs dort untergebrachten Kinder in den kommenden Jahren kann man sich unter
diesem
externen Link zur Linzer Regionalgeschichte informieren.
„Ein Kampf um die Zukunft“ 1926
Titelzusatz:„Wege und Erfolge rheinischer Krüppelfürsorge**“
**Heute als anstößig empfundene Begriffe wurden unverändert übernommen, da es sich um ein Zeitdokument handelt.
Lehrfilm
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- Auftraggeber = Provinzialausschuß der Rheinprovinz
Inhalt:
Der Film zeigt in 47 Bildern Inhalte, Ziele und Erfolge bei der Behandlung von Menschen mit körperlichen Fehlstellungen,
Amputationen etc.
Christliche Institutionen in Süchteln, Bigge, Volmarstein werden vorgestellt. Das vierte Bild zeigt das
Eduardus-Krankenhaus in Köln-Deutz.
„Jugendtreffen in Nideggen“ 1927
Kulturfilm, Lehrfilm
Quelle: www.zeitpunkt.nrw
Inhalt:
Dokumentation über das vom W.S.V (Westdeutschen Spielverband) am 19.Juni 1927 veranstaltete Rheinische Jugendtreffen auf der
Burg Nideggen in der Eifel, an dem ca. 7000 Jugendliche aus Gladbach, Bonn, Düren, Köln, Aachen teilnahmen.
„Der hillige Born“ 1927
Lehrfilm, Dokumentation
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- Manuskript = D. H(ugo) Rütters, Pfarrer Hans Vietor (Anstaltsleiter)
Inhalt:
Dokumentation über die Evangelische Stiftung Volmarstein (damalige Bezeichnung: Krüppelanstalt Westfalen). Eine genaue
Inhaltsangabe findet sich auf den Seiten des LWL.
Dort ist auch ein Digitalisat des Films zu erwerben.
Bemerkung:
Der hillige Born (heiliger Quell) bezeichnet eine Quelle in Volmarstein, zu der Versehrte schon zu Zeiten
Karls des Großen pilgerten, weil sie sich von deren Wasser Heilung erhofften. Der Ursprung der Quelle lag unterhalb des Pfarrhauses von Pfarrer
Franz Arndt, dem Gründer der Institution.
„Kolpingspfingsten in Wien“ 1927
Alternativ-Titel:„Der 2.Internationale Gesellentag 1927 in Wien“
Kulturfilm, Dokumentation
Zeitgenössische Kritik (Auszug):
„Im katholischen Gesellenhaus zu Köln [wurde] zum ersten Mal der große Film
vorgeführt, den die Neuland-Kinematographie von der Fahrt der katholischen Gesellenvereine nach Wien hergestellt hatte. Der Film schildert in lebendiger
Sprache die Vorbereitungen zu der Wiener Tagung, den Tag der Abfahrt von Köln, die Fahrt durch die deutschen Lande bis Wien in verschiedenen humorvollen
Situationen. Den Mittelpunkt des Werkes bilden die großen Tagungen in Wien12“.
„Vom Reiche der sechs Punkte“ 1927
Lehr-Kulturfilm, Doku-Fiction
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- Manuskript = Drehbuch: D. Hugo Rütters, Robert Wirtz (Augenarzt), Hubert Horbach (Leiter Provinzial-Blindenanstalt Düren)
- Auftraggeber = Rheinischen Blindenfürsorgeverein
Darsteller:
- der erblindete Techniker = Paul Metzler, blinder Laiendarsteller aus der Stadt Wissen
- seine Verlobte = Lotte Kleinschmidt, Kölner Schauspielhaus
- als er selbst = Robert Wirtz, Augenarzt in Düren
- Lehrer und Lernende der Provinzial-Blindenanstalt Düren
- als er selbst = Ferdinand Schmid, blinder Organist
- als er selbst = A. Menn, blinder Pianist
- Dürener Blindenchor
Inhalt:
Durch eine Explosion im Betrieb erleidet ein Techniker eine Verletzung am Auge. Er läßt das geschädigte Auge nicht von
einem Facharzt behandeln und verliert in Folge auch das andere Auge. In der Blindenanstalt muß er nun lernen, mit seiner Blindheit umzugehen und einen
neuen Beruf zu erlernen. Die Blindenschule ermöglicht Ausbildungen im handwerklichen und musikalischen Bereich. Obwohl der im Mittelpunkt der Handlung
stehende Techniker seine Verlobung gelöst hatte, hält seine Braut zu ihm. Sie beginnt, sich für die Blindenfürsorge zu interessieren. Gemeinsam gründen
sie eine neue Existenz.
Bemerkung:
Der Titel spielt auf das 6-Punkte-Raster der von Louis Braille 1825 erfundenen Blindenschrift an, die den Blinden
ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen soll. Ein Digitalisat des Films ist unter dem folgenden Link als
Edition Filmmuseum 19 zu erwerben.
„Die Kranken von St. Severin“ 1927
Lehrfilm, Dokumentation
Inhalt:
Dokumentarfilm über die Krankenwoche (eigentlich ein Triduum = Zeitraum von drei Tagen) der Kirche St. Severin in Köln bzw.
des Krankenhauses der Augustinerinnen, die vom 12. bis 14. Juli 1927 stattfand.
Zeitgenössische Kritik:
„Der Regisseur hat es verstanden, in einer packenden Bildfolge uns ein Bild dieser erhebenden
Feier mit ihrem einzigartigen Eindruck auf die Kranken, denen sich einmal im Jahr die Pforten des Gotteshauses öffnen, zu entwerfen.
Die ganze Feier, von der Ankunft der Kranken und dem tiefen Erlebnis vor dem Mysterium des Hochaltars bis zum frohen Abschluß bei den
Augustinerinnen rollt an uns vorüber.13“ Der Film lief im Film-Palast auf der Hohe Straße 11-13.
„Jugendkraft Heil!“
Lehrfilm, Dokumentation
Inhalt:
Dokumentation über das 2. Treffen des Reichsverbandes der Deutschen Jugendkraft, eines
1920 gegründeten katholischen Sportverbandes14 vom 5.- 8. August 1927 in Köln.
„Gesetz und Schicksal“ 1927/28
Inhalt:
mögl. Neuauflage des Jugendfürsorgefilms „Wer wirft den ersten Stein“ von 1925
„Streiflichter zur Eingemeindungsfrage“, 1927
Kulturfilm, Dokumentation
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- wissenschaftliche Beratung = Dr. M. Vollmar
Inhalt:
Kulturfilm über Solingens Eingemeindungspolitik mit Realfilmaufnahmen und illustrierenden Tricksequenzen.
zeitgenössische Rezension:
„[Der Film] schildert in überzeugenden Wirklichkeits-Aufnahmen und mit witzigen Tricks,
welche unglaublichen Zustände dieses Ineinanderwachsen mehrerer Gemeinwesen gezeitigt hat. Besser als jeder Vortrag und jede
Abhandlung macht er die Entwicklungstendenzen im Solinger Gebiet klar und verständlich. Unseres Wissens ist es das erste Mal,
daß ein Film in den Dienst kommunalpolitischer Aufklärung gestellt wird. Der Versuch ermutigt zu weiterer Verwendung von
Bildstreifen im gleichen Sinne.15“
„Klinge und Schere“ 1927
Alternativ-Titel:"Im Zeichen der Zwillinge“
Industriefilm, Lehrfilm
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- wissenschaftliche Beratung = Dr. M. Vollmar
- Kamera = Eugen de la Motte
- Textbearbeitung = Broicher, Leiter der Solinger Filmstelle
Inhalt:
Der Film stellt die Solinger Klingen- und Scherenindustrie im Tal der Wupper vor.
„Suse Kerkstraaten“ 1928
Titelzusatz: Erlebnisse einer Genossenschafterin
Lehr-Kulturfilm, Doku-Fiction
Technischer Stab:
- Regie = D. H(ugo) Rütters
- Manuskript: D.H.Rütters, Robert Schloesser
- Kamera = Eugen de la Motte, Peter Berkenheier
- Bauten: Hans Strohbach, Oper Köln
- Auftraggeber = Reichsverband deutscher Konsumvereine und die Gepag (Großeinkaufs- und Produktions-Aktiengesellschaft deutscher Konsumvereine)
Darsteller:
- Heinrich Götz = Professor Kerstraaten
- Grethe Reinwald = Suse Kerkstraaten, seine Tochter
- Thomas Treller = Schüler und Schwiegersohn-in-spe des Professors
Inhalt:
Der Film stellt die Idee der Konsum-Genossenschaften anschaulich vor.
Professor Kerkstraaten ist Feuer und Flamme für die neue Bewegung der Konsumgenossenschaften. Auch seine Tochter Suse konnte er davon überzeugen.
Thomas Treller, Sohn eines Werkmeisters, sollte eigentlich Schmied werden. Nun studiert er an der Universität unter Kerkstraaten und schreibt seine Doktorarbeit
über den Genossenschaftsgedanken. Zu diesem Zweck besucht er die die Betriebe der Gepag, die Läden der Einzelorganisationen des Reichverbandes deutscher
Konsumvereine und ihrer Zweigstellen. Seine Dissertation bleibt aber eine blutleere Fleißarbeit, da er die Prinzipien hinter der Gründung der Konsumvereine,
nämlich Gemeinschaftsgeist und Mitbesitz, nicht erfasst hat. Erst als die Stelle seines Vaters, der keinem gewerkschaftlichen Verein angehört, abgebaut wird,
er selbst in Folge in eine existenzielle Notlage gerät, in einem Genossenschafter einen echten Freund findet und mit Suse den Bund des Lebens knüpft,
erfüllt sich die Theorie mit Leben. In den dokumentarischen Sequenzen präsentiert der Film die mit modernsten Maschinen ausgestatteten, vorbildlich sauberen
Fabrikhallen der Gepag, deren engagierte Mitarbeitende und gibt Einblick in die gewissenhafte Buchführung.
Quellen:
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Hinsenkamp
2 https://www.deutsche-biographie.de/dbo001131.html
3 Handelsregistereintragungen aus Amtsgerichten in Rheinland und Westfalen, 29.April 1921
4 Rheinische Volkswacht Nr.185 v.14.8.1923
5 Handelsregistereintragungen aus Amtsgerichten in Rheinland und Westfalen, 10.Oktober 1922
6 H. von Danwitz im Mai 1923
7 Kölnische Zeitung v.29.1.1927
8 https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Projekte/Widerstandskarte/jakob-hermanns-versteckte-ernst-walbaum-der-nach-den-nuernberger-rassegesetzen-als-jude-galt/DE-2086/lido/dc00018962
9 Rheinische Volkswacht Nr.46 v. 24.2.1925
10 Rheinische Volkswacht Nr.66 v. 18.3.1926
11 Kölnische Zeitung Nr. 922 v. 12.12.1926
12 Westdeutsche Landeszeitung Nr.224 v. 17.8.1927
13 Kölner Lokal-Anzeiger Nr.220 v. 11.8.1927
14 https://de.wikipedia.org/wiki/DJK-Sportverband
15 Rechtsrheinischer Anzeiger Nr.651 v. 23.Dezember 1928